Tehillim 125 - Wozu gibt es Bösewichte - und eine Prophezeihung

 

Tehillim 125

 

תהלים קכ"ה:א'

(א)     שִׁ֗יר הַֽמַּ֫עֲל֥וֹת הַבֹּטְחִ֥ים בַּיהֹוָ֑ה כְּֽהַר־צִיּ֥וֹן לֹא־יִ֝מּ֗וֹט לְעוֹלָ֥ם יֵשֵֽׁב׃

Ein Gedicht-Lied zur Erhebung, die in HaSchem vertrauen, wie der Berg Ziyon sind sie, nicht wankt er – ewig sitzt er.

(ב)     יְֽרוּשָׁלַ֗͏ִם הָרִים֮ סָבִ֢יב לָ֥֫הּ וַ֭יי סָבִ֣יב לְעַמּ֑וֹ מֵ֝עַתָּ֗ה וְעַד־עוֹלָֽם׃

Yerusalem, von Bergen eingefasst, und HaSchem fasst ein sein Volk, von jetzt bis Allewig.

(ג)      כִּ֤י לֹ֪א יָנ֡וּחַ שֵׁ֤בֶט הָרֶ֗שַׁע עַל֮ גּוֹרַ֢ל הַֽצַּדִּ֫יקִ֥ים לְמַ֡עַן לֹא־יִשְׁלְח֖וּ הַצַּדִּיקִ֨ים בְּעַוְלָ֬תָה יְדֵיהֶֽם׃

Denn nicht ruhen wird der bösen Stamm auf dem Schicksal der Gerechten, damit die Gerechten nicht ausstrecken ihre Hände nach deren Abscheulichkeiten.

Rav S.R.Hirsch übersetzt ganz anders:

Denn nimmer gewinnt der Bosheit Scepter Ruhe auf dem Lose der Gerechten, darum brauchen die Gerechten nicht selbst Hand zu legen an die Gewalt.

(ד)      הֵיטִ֣יבָה יְ֭הֹוָה לַטּוֹבִ֑ים וְ֝לִישָׁרִ֗ים בְּלִבּוֹתָֽם׃

Vergüte, HaSchem, den Guten und denen geraden Herzens.

(ה)     וְהַמַּטִּ֤ים עֲֽקַלְקַלּוֹתָ֗ם יוֹלִיכֵ֣ם יְ֭י אֶת־פֹּעֲלֵ֣י הָאָ֑וֶן שָׁ֝ל֗וֹם עַל־יִשְׂרָאֵֽל׃

Und die auf ihren krummen, verdorbenen Wegen in die irre gehen, HaSchem führe sie zu den Vollbringern der Gewalt, Friede ist mit Yisroel.

 

 

Dieser Psalm beschreibt gleichzeitig viele Ebenen der Realität.

Es gibt die Ebene der Prophetie über die Endzeit (in der wir, gemäss fast allen unseren Weisen, heute schon tief drinstecken).

Und dann gibt es auch die Ebene des ganz persönlichen Wachstums und Lebensanweisung, wie man sein Leben auf die Bahn näher zu HaSchems Liebesfeuer bringt. Und was dieses Feuer überhaupt ist.

 

Betrachten wir als Erstes die private Optik.

1)    1)  Ein Mensch, der wirkliches G0ttvertrauen hat, ist wie ein Berg: Ruhig sitzt er an seinem Orte, nicht zu versetzen ausser durch G0ttes Kräfte selbst. Er weiss, wo er hingehört:

2)    2)   Nach Yerusalem. Wo ist Yerusalem?  Es gibt Yeruschalajim schel mata, das physische, die Stadt mit ihren Mauern und dem Tempelberg und dem Koisel (Der ganz eigentlich ein stehendes Wunder ist: Niemand weiss, warum und wie diese Mauer noch steht. Eigentlich müsste sie schon lange gefallen sein). Es gibt aber auch Yeruschalajim schel Mala: Das Ewige, himmlische Gegenstück zur physischen Stadt, das über der Stadt im Himmel unsichtbar sitzt. Und dieses Gleichnis sagt uns, dass jener unverrückbare Berg von Mensch so unverrückbar ist, weil HaSchem dessen unerschütterliches Vertrauen mit ewigem Schutz und Fürsorge beantwortet, und ihn vor allem Bösen bewahrt. Und Ewig – ja, das ist genau so gemeint. In dieser Welt, und in der Kommenden Welt. Siehe dazu auch Perek 145, Vers 20.

3)    3)  Dieser Posuk ist sehr, sehr kompliziert zu deuten, weil die beiden Worte „ki“ und „lema´an“ vieldeutig sind. Ki kann heissen weil, aber auch um..zu, und auch denn. Und lema´an kann heissen um..zu (kausalität zeitlich nach vorne gerichtet), aber auch damit, und auch darum, deshalb (Kausalität zeitlich nach hinten gerichtet).

Und hier sehen wir nun zwei Schulen:

Die Eine hält, dass die Bösen Menschen nur existieren und ihr böses Werk auszuführen erlaubt bekommen, damit die Gerechten sich dahingehend bewähren, dass sie die Bosheit durchschauen, ihre temporäre Natur erkennen, und ihr nicht verfallen. Dadurch erwerben sich die Gerechten unendlich grosse Verdienste in den höheren Sphären und in der kommenden Welt, und Schutz und Hilfe in dieser Welt. Und HaSchem lässt die Bösen zu Schanden gehen im Verdienste der Gerechtigkeit der Gerechten.

Die andere Schule sagt, die Gerechten sind gerecht, die Bösen böse, und die Gerechten müssen gar nichts tun und sie müssen sich auch nicht bewähren oder gegen die Bösen wehren. Denn die Natur des Bösen ist es, böse zu sein. Und genau diese Bosheit, die nie zur Ruhe kommt, wird es schlussendlich zur Strecke bringen. Der Gerechte muss nur geduldig warten und bei seiner Gerechtigkeit verharren, wie der Berg. Den Berg bewegt kein böser Wolf, kein Bär, kein Dinosaurier, und nicht mal ein Heer von Baggern. Sie alle kommen und gehen wieder. Sie können vielleicht etwas kratzen am Berg. Aber sonst.. nichts.

Wie können wir nun verstehen, welche Version der interpretation stimmt? Sie kommen beide von sehr grossen Gelehrten, Gerechten ihrer Zeit!?

Wir können sie stehen lassen, und sagen: Diese und Jene sind Worte des Lebendigen G0ttes. HaSchem hat seinen Propheten viele Rätselhafte Texte diktiert, die auf viele Arten zu verstehen sind. Jede Art zu ihrer Zeit und in ihrem Zusammenhang, für den Studierenden in seiner momentanen Situation.

Wichtig ist, dass wir bei den Worten unserer Weisen bleiben, und keine ihnen widersprechenden Dinge behaupten. Denn wer sind wir, gegenüber diesen Giganten aller Zeiten?

Die nächsten zwei Verse sind eigentlich eine Ausführung dieser oben beschriebenen Prinzipien, in Gebetsform.

4)     4) Dovid, unser König, ruft aus: Es ist ganz sicher so, dass Du, HaSchem, der mit Sicherheit dem Gerechten seinen Lohn auszahlen wird, dem Gerechten zu Hilfe eilst und ihn in dieser und der kommenden Welt hütest und belohnst! Und wer ist gerecht? Jener, der geraden Herzens ist, heisst, jener, der sein Herz auf dem geraden Wege der heiligen Toire führt, und auf die feine innere Stimme in seinem Herzen hört, die ihn zu jeder Zeit ermahnt, das Richtige zu tun in den Augen seines Schöpfers. Und dies gilt wieder für beide Versionen des Verses 3!

5)    5)  Und wer ist der Böse? Der auf krummen Wegen geht, das Eine sagt, das Andere tut, der HaSchem ableugnet, sagt es gibt nur das Hier und Jetzt, und nur was wir sehen, und nur Macht und Geld und Geltung und Triebbefriedigung sind wichtig und richtig. Auch der, der sagt: Jaja, es gibt sie, diese unsichtbaren Kräfte, und man kann sehr gut mit ihnen Handel treiben, ihnen etwas geben, damit man dann bekommt, was der Körper so sehr will. Und es ist nie genug. Und ihr Ende ist genau so, wie sie es voraussagen: Sie verenden, verwesen, lösen sich auf, und sind nicht mehr. Und diese in Yisroel soll HaSchem zu den „Vollbringern der Gewalt“ – den Völkern der Erde, die so leben, bringen, weg vom Lande Israel. Und Yisroel, weil HaSchem es sich zum heiligen Volke erwählt hat und es von diesen bösen Einflüssen reinigt, ist ewig und unvergänglich, und wird bis ans Ende aller Zeiten existieren, und die Tilgung des Bösen aus dieser Welt erleben.

Seforno deutet hier noch an, dass jene Nicht-Juden, die HaSchem als König annehmen, (Sie müssen dazu nur die 7 Gesetze Noiachs halten, siehe: Noachiden), auch als Gerechte betrachtet werden. Er tut dies mittels Ausschluss: Er sagt, jene aus den Völkern der Erde, die HaSchem ablehnen, werden das Schicksal der Bösen teilen. Daraus geht im Umkehrschluss eben hervor, dass jede, die dies nicht tun, auch dieses Schicksal nicht teilen werden. Würde er das nicht sagen wollen, könnte er einfach schweigen dazu.

 

Und nun die prophetische Optik

 

1)      Ibn Esra erklärt:

א)     שיר המעלות הבוטחים – לעתיד.

Ein Gedicht-Lied zur Erhebung, die in HaSchem vertrauen – in der Zukunft

לעולם ישב – בימי המשיח

-         ewig sitzt er – In des Maschiachs (Erlösers) Tagen.

2)       

(ב) ירושלם – ההרים – שהם עומדים סבבוה והשם סביב עמו בתוכה, על כן לא יוכל האויב לבוא לצור על ירושלם.

Jerusalem – die Berge – die sie umgebend stehen, und HaSchem umgibt sein Volk mit Sicherheit, und daher kann der Feind nicht kommen, es zu belagern (selbst wenn es offen und ohne Schutzmauern daliegt). Siehe auch die Prophezeihungen von Malachi und Yecheskel.

3)       

ג)     כי – טעם גורל הצדיקים – הם ישראל שנחלו את הארץ, כמו: ובהפילכם את הארץ (יחזקאל מ"ה:א') בגורל.

Denn – der Sinn der Worte ist. Das Schicksal der Gerechten – dies sind die Yisroel, die das Land erben, wie: „ und wenn ihr das Land per Los aufteilt“ (Yecheskel 45:1).

שבט הרשע – הם גויי הארצות.

Der böse Stamm – dies sind die Völker der Erde

וטעם למען כטעם אשר לא ילמדו אתכם (דברים כ':י"ח).

Und die Interpretation des Wortes „lema´an“ – damit sie euch nicht lehren werden (Devorim 20:18).

Wir sehen hier, dass Ibn Esra nochmals eine wesentlich andere Nuance aus dem Text destilliert: Damit die Kinder Yisroels in den Tagen der Erlösung ihren Irrtum, den sie in den Tagen Yehoschuas und beider Tempel begingen, nicht wiederholen, werden die bösen Insassen des Landes verwiesen werden, damit die Gerechten nicht deren korrosivem Einfluss ausgesetzt sein werden.

 

4)       

(ד) הטיבה – יתפלל המשורר.

Vergüte, mach Gut – das Gebet des Verfassers

או על דרך נבואה.

וטעם בלבותם – כי היושר בלב הוא והוא היסוד והדבור והמעשה כמו בניין

Oder, als Prophezeihung:

Und die Interpretation „in ihren Herzen“: Denn die Geradheit ist im Herzen zu Hause, und diese Geradheit ist das Fundament, und die Sprache, und die Tat, wie ein Gebäude.

(Erklärung: Heisst: In diesen Tagen wird die Absicht, die Aussage und die Tat der Einwohner Yisroels kongruent und entsprechend den Anweisungen der heiligen Toire sein.

Heisst weiter: das ganze Volk Yisroel wird HaSchem lieben und anhängen, und freudig auf den süssen Pfaden der heiligen Toire wandeln. Heisst: Die Menschen werden sich gegenseitig mit Güte, Liebe, Unterstützung begegenen, mit ehrlichen Worten und Taten. Alle Dinge, die die heilige Toire verbietet, werden nicht mehr vorkommen.)

 

5)       

ה) והמטיםכמו ומטה גר והבי״ת חסרה, כמו: הנמצא בית י״י (מלכים ב ט״ז:ח׳), וככה הוא: והמטים בעקלקלותם יתפלל שירחיקם השם ויהיו עם פועלי און עם הגוים אז יהיה שלום על ישראל

Und die in die Irre gehen – wie im Vers bei Malachim 2- 16:8, wo steht „und der den Fremdling in die irre führt, und das Beis fehlt, wie: der im Hause (Bais) HaSchems weilt. (und so muss man es lesen: und jene, die auf ihren verdorbenen Wegen in die Irre gehen – Er (Dovid der König, der Verfasser) wird beten, dass HaSchem diese, die auf verdorbenen Wegen in die Irre gehen, mit den Bösen, den Völkern der Erde, sich zusammentun (und dort-  bei diesen Völkern - leben lässt), und dann wird Friede herrschen für Yisroel.

Wer sind also diese Bösen? Es sind jene Kinder Yisroels, die HaSchem ableugnen und nicht annehmen wollen. Und der Verfasser betet, dass in den  Tagen der Grossen Erlösung diese Bösen sich zu jenen der Völker der Erde gesellen, die ihnen gleichtun. Dann werden sie das Land Israel verlassen, und nur noch wer HaSchem annimmt, wird dort leben können. Und dann wird die Erlösung kommen, oder damit wird die Erlösung kommen.

 

Es liegt auf der Hand, dass prophetische Worte sehr schwierig zu lesen sind. In Kürze sagt uns Ibn Esra, und das sicher im Namen von älteren Quellen wie Sifra, Baraisois der Gemara:

In den Tagen der Grossen Erlösung wird HaSchem das Land Israel jenen aus dem Volke Yisroel zum ewigen Erbe geben, die geraden Herzens der Toire folgen oder gefolgt sind, oder zu ihr zurückkehren. Er wird jene, die IHN leugnen, aus dem Volke entfernen und mit den Völkern der Erde zusammentun. Und dann wird das Grosse Gericht kommen, und es wird eine völlig neue Ära anbrechen, ohne Krieg, genau wie in den Prophezeihungen beschrieben.

 

Interessant ist auch, dass Ibn Esra, anders als Seforno, keine Andeutungen macht zu den Gerechten unter den Völkern.

Aber Seforno tut das. Also können wir davon ausgehen, dass HaSchem unter den Völkern der Erde die Gerechten aussondern wird, um ihnen ebenfalls einen Anteil an der kommenden Welt zu geben.

 

 

 

 

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